Schulhundekonzept
Beginn der Entwicklung der Förderung mit Hunden an der ASS
Zum Ersten Mal gab es im Jahr 2001 im Nachmittagsunterricht der ASS eine sogenannte „Hunde-AG“ in Kooperation mit dem Kasseler „Verein für Mensch und Hund“ (VMH). Schnell wurde deutlich, dass die Teilnahme an der AG für stark eingeschränkte oder schwer mehrfach behindertet Schülerinnen und Schüler nicht möglich war; deshalb kamen ab dem Schuljahr 2002/2003 einige Teams zusätzlich einmal die Woche in die Schule, um für diese Kinder Einzelkontakte anzubieten.
Einwirkungsbereiche Tiergestützte Pädagogik
„Unter Tiergestützter Pädagogik werden Interventionen in Zusammenhang mit Tieren subsumiert, welche auf der Basis eines (individuellen) Förderplans oder auf der Basis konkreter Lernziele vorhandene Ressourcen des Kindes stärken, weniger gut ausgebebildete Fähigkeiten, …, fördern und unterstützen sowie die Kompetenzen eines Kindes insgesamt verbessern sollen.“ (Vernooij/Schneider 2008, 49)
Nach Vernooij/Schneider (2008, 110 ff) wirken sich Tiergestützte Interventionen positiv in folgenden Bereichen aus:
- Motorik und Körpergefühl
- Spielen, Laufen, Treppensteigen etc. mit dem Hund
- Steigern der Anstrengungsbereitschaft der Schülerinnen und Schüler
- Kognition und Lernen
- Gedächtnistraining durch Kommandos, Handlungsabläufe, etc.
- Konzentrationstraining durch Verlängerung der Beschäftigungsphase mit dem Hund
- Wahrnehmung
- Fühlen, Sehen, Riechen, Hören
- Soziabilität
- Soziale Kontakte über „Anknüpfungspunkt Hund“ (z. B. für Kinder mit Autismus)
- Hund als Partner erleben und behandeln
- Emotionalität
- Stärkung des Selbstbewusstseins durch Erlebnis uneingeschränkter Akzeptanz seitens der Hunde
- Wohlbefinden und Lebensfreude
- Abbau von Angst bzw. Hemmungen
- Selbstwirksamkeit erleben
- Sprache und Kommunikation
- Kommunikationsaufbau über Spielen mit dem Hund (UK)
- Kommunikationserfolg durch Kommandos (verbal oder mit Gebärden), auf die der Hund reagiert
- Sprachförderung (laut und deutlich genug Kommandos geben)
Ziele der hundegestützten Pädagogik / Positiver Einfluss
Zahlreiche Studien belegen, dass eine steigende Anzahl an Schulhunden im Rahmen der tiergestützten Pädagogik Lehrer in die Schulen begleiten und eine positive Wirkung auf den Menschen ausüben. Der Einsatz von Schulhunden stellt eine wirkungsvolle Ergänzung zum konventionellen Unterricht dar. Sowohl die Lernatmosphäre, als auch die Lernbereitschaft der Schülerinnen und Schüler kann durch den Einsatz des Schulhundes positiv beeinflusst werden. Insbesondere für Kinder mit Lernschwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten kann der Schulhund eine große Unterstützung sein. (vgl. Heyer u. Kloke, 2012, S. 19)
Es hat sich gezeigt, dass die Anwesenheit des Schulhundes eine beruhigende Wirkung auf die Schülerinnen und Schüler hat. Kinder, die vor der Klasse eine Aufgabe lösen müssen, zeigen sich dank des Schulhundes ruhiger und weniger nervös. (vgl. Beetz S.67) Ebenso verbessert der Tierkontakt die Stimmung der Kinder und beeinflusst diese positiv. Der Umgang mit dem Tier fördert das Selbstbewusstsein der Kinder und erweitert deren soziale Kompetenzen. Der Schulhund geht unvoreingenommen auf die Kinder zu und akzeptiert sie ohne Vorurteile. Er gibt den Schülerinnen und Schülern Nähe und ein Gefühl von Sicherheit. Dabei reagiert er sensibel auf die Stimmung und Gefühle der Kinder. (vgl. Röger-Lakenbring, 2006)
Durch die Interaktion mit dem Schulhund wird die Empathiefähigkeit erhöht und eine Reduktion von aggressivem Verhalten bei Kindern gefördert. (vgl. Beetz S.60) Eine Untersuchung von Hediger und Turner (2014) zeigt ebenfalls, dass die Anwesenheit eines Hundes die Konzentrationsfähigkeit der Kinder unterstützt. (ebd.)
Klassenhund
Wird der Hund als Klassenhund eingesetzt, wirkt sich die bloße Anwesenheit des Hundes positiv auf das Klassenklima aus. Die Kinder lernen mehr Rücksicht zu nehmen, sich an Regeln zu halten und Verantwortung zu übernehmen. Durch die Identifikation mit dem Schulhund als Teil der Klasse und Schule wird die Klassen- und Schulgemeinschaft gestärkt. Durch die Steigerung sozial-emotionaler Kompetenzen sowie Stressreduzierung schaffen Schulhunde insgesamt eine positive Lernatmosphäre und verbessern die Lernleistung der Kinder ihrer Klasse. Durch die entspannte Lernatmosphäre kann neues Wissen besser aufgenommen und mit bereits vorhandenem vernetzt werden. Nach der ersten Eingewöhnungsphase, in der es meist noch etwas unruhiger zugeht, wird von vielen eine deutliche Zunahme der Konzentration der Kinder berichtet. Der Hund übernimmt als Schulhund sozusagen eine psychologische, pädagogische und sozialintegrative Funktion. Dahinter stehen die Erkenntnisse der hunde- bzw. tiergestützten Pädagogik. Inzwischen gibt es auch zahlreiche Studien, die diese positiven Effekte durch die Arbeit mit Schulhunden belegen.
Mögliche Angebote in der Klasse
– Motorik und Körpergefühl
- spielen mit dem Hund (etwas werfen oder verstecken; suchen und apportieren)
- laufen, Treppen steigen etc. (steigern der Anstrengungsbereitschaft)
- basale Stimulation (grundlegende Sinneseindrücke fördern / ermöglichen; Hund als Lebewesen das sich einem ganz zuwendet (Einzelsituation)
– Kognition und Lernen
- wenn Kind(er) … lange gearbeitet haben → kurze Hundeeinheit als Belohnung / Motivation
- dem Hund vorlesen (Hund als geduldiger Zuhörer)
- Fehler machen ist in Ordnung (erleben, dass der Hund bei Übungen „Fehler“ macht, erleben dass das nicht schlimm ist, auch wenn der Hund / das Kind nicht alles perfekt kann / macht ist das okay und wir „mögen“ den Hund / das Kind trotzdem)
– Emotionalität
- Stärkung des Selbstbewusstseins durch das Erlebnis der uneingeschränkten Akzeptanz seitens des Hundes
- Wohlbefinden und Lebensfreude geben und empfangen
- Abbau von Angst oder Hemmungen
- gemeinsames „kuscheln“ auf Sofa, Sitzsack, auf der Matratze, …
Grundsätze zum Einsatz des Klassenhundes
- Findet immer im Mensch-Hund-Team statt
- Der Einsatz zwischen Kindern und Hund erfolgt ausschließlich unter ständiger Aufsicht
- Regeln im Umgang mit dem Hund werden besprochen und auf die Einhaltung geachtet
- Möglichkeit eines selbständigen Rückzugortes für den Hund im Klassenzimmer (Box, Decke, Ruhebereich) muss gewährleistet sein
- Der Einsatz muss immer nach Hunde- und Tierschutzaspekten sowie tierethischen Grundsätzen geplant und durchgeführt werden. Der Hund darf nicht instrumentalisiert werden. Individuelle Stärken müssen berücksichtigt werden
- Der Einsatz des Hundes muss entsprechend seiner Bedürfnisse und Voraussetzungen und denen der Hundeführerin, der Kinder und der Klasse individuell angepasst werden
- Einhaltung der Hygiene-Regeln (Händewaschen nach Kontakt mit dem Hund)
Mögliche Angebote mit Hunden im Unterricht an der ASS
- Einzelförderung mit Hund
- Bei dieser speziellen Art der Einzelförderung mit dem Hund wird versucht, vorher festgelegte und mit dem Klassenteam in den Fördergesprächen abgestimmte Förderziele zu erreichen. Diese Ziele beziehen sich auf verschiedene Entwicklungsbereiche, wie sie weiter oben bereits beschrieben wurden. Die Aktivitäten mit dem Hund finden z.B. einmal in der Woche für 20 Minuten in einem besonderen Raum statt; dabei kann der Hund z.B. auf dem Höhen verstellbaren Tisch für die Rollstuhlkinder gut erreichbar gebürstet / gestreichelt werden, oder der Hund darf zum Kuscheln mit aufs Sofa oder auf den Lagerungs-Sitzsack
- Leseförderung mit Hund (Lesehund)
- Mit dem Hund als geduldigen Zuhörer üben Kinder lesen. Hemmungen, Angst vor Versagen etc. verschwinden in der entspannten Situation mit dem Tier
- AG am Nachmittag „Rund um den Hund“, „Ab nach draußen“, …
- Die Kinder entwickeln Spielideen, lernen etwas über Hunde und ihr Verhalten
- E-Rolli-Gruppe mit Hund
- In der Mehrzweckhalle mit viel Platz trainieren die E-Rolli-Kinder ihre Fahrgeschicklichkeit, indem sie mit den Hunden Spiele und kleine Aufgaben machen, z.B. den Hund durch einen Parcours zu führen
- Klassenstunde mit Hund
- Neben der Förderung der Klassengemeinschaft werden auch durchaus praktische Dinge rund um die Hundehaltung gelernt, z.B. Kothaufen (Korken o.ä.) mit einem Hundekotbeutel entsorgen
- UK-Gruppe mit Hund
- Das Angebot dieser AG richtet sich vor allem an nicht oder wenig sprechende Kinder. Streicheln, Füttern, Wasser Geben, Spielen, an der Leine Führen, Kommandos Geben usw. werden mit den Möglichkeiten der Unterstützten Kommunikation (Gebärden, Bildkarten, Talker, Symbole etc.) umgesetzt und darüber „gequatscht“
- SMB-Gruppe mit Hund
- Grundlegende Sinneseindrücke werden durch die Hunde vermittelt, die Kinder erleben ein anderes Lebewesen, das sich ihnen ganz und gar zuwendet